11 Juni 2021

Das Vier-Augen-Prinzip… ist es wirklich notwendig?


Übersetzen ist ein Beruf. Ein Beruf, für den Sie an einer Hochschule oder Universität ausgebildet werden und in dem Sie sich durch Ihr Handeln stetig verbessern. Aber selbst dem qualifiziertesten und erfahrensten Übersetzer unterläuft ab und an ein Fehler.

In der Übersetzungswelt ist es daher eine gute Praxis, die erste Version einer Übersetzung gründlich zu überprüfen. So lernen Übersetzungsstudenten bereits während des Studiums, dass man seine Arbeit am besten nach einer Pause oder am nächsten Tag noch einmal mit einem frischen Blick lesen sollte. Wetten, dass es beim zweiten Mal lesen doch noch einige Dinge gibt, die angepasst werden müssen? Zum Beispiel dieser eine Begriff oder diese eine Abkürzung, der/die später im Text anders übersetzt, jedoch nicht durchgängig angeglichen wurde. Oder dieser etwas klobige Satz, der noch ein wenig flüssiger formuliert werden könnte. Und ups! Da ist doch tatsächlich ein Schreibfehler durch die automatische Rechtschreib- und Grammatikprüfung gerutscht.

Dieses bewährte Verfahren des Korrekturlesens kann im Alltag eines Übersetzers jedoch unter Druck geraten: denn der Abgabetermin ruft – und der nächste Auftrag steht bereits bevor. Obwohl die meisten Kunden verlangen, dass der jeweilige Übersetzer seine Arbeit selbst überprüft, wird auch häufig eine gründlichere Methode gewählt, die vorsieht, dass der Text einem zweiten Übersetzer zum Korrekturlesen zugewiesen wird. Dieser Korrekturleser vergleicht die Übersetzung mit dem Ausgangstext, beurteilt, ob der Inhalt in der Zielsprache richtig wiedergegeben wird und ob alles sprachlich und stilistisch korrekt ist. Der Korrekturleser überprüft außerdem, ob der Übersetzer etwaige Vorgaben sowie Präferenzen des Kunden in Bezug auf die zu verwendende Terminologie eingehalten hat.

Die internationale Norm für Übersetzungsdienstleistungen, die ISO 17100, schreibt eine unabhängige Korrektur durch einen zweiten Übersetzer vor. Eine Arbeitsweise nach dieser Norm erfolgt bei Übersetzungen, die von einem großen Publikum gesehen werden und von hoher Qualität sein müssen. Schließlich lässt sich ein Übersetzungsfehler auf einer Verpackung oder in einer gedruckten Broschüre nicht ohne weiteres korrigieren. Daher ist es wichtig, eine Übersetzung sorgfältig zu prüfen, bevor sie vom Kunden weiterverarbeitet wird.

Unsere eigenen Erfahrungen mit dem Korrekturlesen von Übersetzungen? Schon bevor Translavic nach ISO 17100 zertifiziert wurde, war die Einbeziehung jeweils eines Übersetzers und eines Korrekturlesers bei uns gängige Praxis. Eine gute Interaktion zwischen den beiden bringt in der Tat die besten Ergebnisse, und professionelle Übersetzer können in der Regel auch gut mit dem Feedback von Kollegen umgehen. Sie lernen aus den Kommentaren ihrer Kollegen und entwickeln so ein besseres Gespür für die Dos und Don’ts, die es bei jedem Kunden und jeder Textart zu berücksichtigen gilt. Gute Korrekturleser sind in der Lage, konstruktive Kritik zu üben und andere Übersetzer auf nützliche Referenzmaterialien hinzuweisen.

Für uns sind diese vier Augen eine Notwendigkeit und kein Luxus. Zumindest für die meisten Textarten. Hin und wieder kommt es auch vor, dass ein Kunde eine Übersetzung in Auftrag gibt, die nicht perfekt sein muss, da sie nur für den internen Gebrauch bestimmt ist und nicht veröffentlicht wird. In diesem Fall kann ein einzelner Übersetzer, der seine Arbeit selbst überprüft, ausreichend sein. Je nach Textart, Umfang, Sprachkombination und gefordertem Qualitätsniveau kann auch eine Kombination aus maschineller Übersetzung und anschließender Nachbearbeitung durch einen Menschen (den sogenannten Post-Editor) eine geeignete Option sein.

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